verfügbar!
Frank O. Gehry in Ostwestfalen
Auch in Ostwestfalen hat Frank O. Gehry seine Spuren hinterlassen. Das Marta, Museum für Kunst, Architektur und Design in Herford, wurde 2005 eröffnet. Der Name MARTA bedeutet „m“ für Museum, „art“ für Kunst und „a“ für Architektur; in dem dekonstruktivistischen Gebäude wird in wechselnden Ausstellungen zeitgenössische Kunst und Design präsentiert. Bad Oeynhausen ist wahrscheinlich der einzige Ort, in dem der Architekt sogar zweimal tätig geworden ist: das Ronald-McDonald-Haus für Familien mit schwer kranken Kindern wurde 1991 am Kurpark eröffnet, 1995 folgte das Energie Forum Innovation Bad Oeynhausen (EFI) im Auftrag des Elektrizitätswerks Minden Ravensberg (EMR) als neue Netzleitstelle mit lichtdurchfluteten Verwaltungs- und Besprechungsräumen in verkehrsgünstiger Lage.
Form vor Funktion: der Start mit altem Eisen
Bereits im frühen Alter hatte Gehry Spaß an Architektur und Design: Sein Großvater besaß einen Eisen- und Haushaltswarenladen. Mit dessen Materialresten bastelte der spätere Star-Architekt bereits im Kindesalter erste Häuser und Städte. Als Erwachsener zog es ihn zur University of South Carolina in Los Angeles, wo er bis 1954 Architektur studierte. Es folgte ein zweites Studium der Stadtplanung an der Harvard Graduate School of Design. Bald eröffnette Gehry sein eigenes Architekturbüro in Los Angeles (1962). Die von ihm entworfenen Häuser haben einen ganz besonderen Stil: kippende Räume, gebrochene Geometrie, abgewinkelte Ebenen und umgekehrte Formen sind nur einige Schlagwörter. So wollte Gehry ein komplett neues Raumverständnis entwickeln, wobei Räume ineinanderfließen und dem ganzen Gebäude einen collagenhaften Charakter verleihen. Häufig wird er als einer der wichtigsten Architekten der USA seit Frank Lloyd Wright bezeichnet.
Möbel und Leuchten – einfaches Material, zweckentfremdet veredelt
Vielleicht begann Gehrys Liebe zu nüchternen Materialien bereits im Kindesalter, wo er das Überschüssige aus Großvaters Laden in Objekte verwandelte. Auch später beschränkte sich Gehry häufig auf unscheinbare Materialien, wie zum Beispiel Sperrholz, Wellblech und Wellpappe. Aus diesen einfachen Stoffen schuf er typisch dekonstruktive Gebäude und geschwungene Möbel, darunter die Kartonmöbelserie „Easy Edges“ (1969-1972). Gehry bemerkte beim Experimentieren, dass Wellpappe, die in verschiedenen Richtungen mehrfach übereinandergelegt wird, die Gestaltung fester Objekte ermöglicht, die robust und alltagstauglich sind. Seine Leuchten sind aus Polyestervlies gestaltet, ein Werkstoff, der in der Baubranche zum Dichten verwendet wird.
Arbeitsphilosophie von Frank O. Gehry
Gehry genießt seine Arbeit und die Tätigkeit im Team. Er hat ca. 120 Mitarbeiter und arbeitet darüber hinaus gerne mit anderen Star-Architekten zusammen; wechselseitiges Antreiben, Verlässlichkeit und Inspiration käme dem gemeinsamen Schaffen zugute. Das Errichten eines Gebäudes sei ein chaotischer Zustand, der nur mit Verlässlichkeit bewältigt werden kann. Unvorhergesehenes sei an der Tagesordnung; er arbeite stets mit „gesunder Unsicherheit“, ob das Ergebnis gut werde. Das Gehry-Gebäude in Bilbao habe die Stadt verändert. Es sei eine Win-win-Situation entstanden, die Baukosten haben sich schnell amortisiert und die Stadt sei wohlhabend geworden. Der „Bilbao-Effekt“ wurde sprichwörtlich und meint die Aufwertung von Orten durch eindrucksvolle Gebäude von bekannten Architekten. Erstmalig kam beim Bau des Guggenheim-Museums eine von Gehrys mitentwickelte Software zur Kontrolle der Kosten zum Einsatz. Eine Mission von ihm sei es, den Architekten wieder mehr Macht gegenüber den Bauunternehmern zu verleihen. Seine vielen Preise und Auszeichnungen, sein Ruf als „brillanter Verrückter“, seien ihm relativ gleichgültig, er möchte jedes Gebäude im Kontext der Stadt gestalten und Häuser ausdrucksstärker und menschlicher bauen, da Glaskästen kalt und unfreundlich seien. Außer dem Guggenheim-Museum liegen dem Designer der Facebook-Campus (2015) im Menlo Park in Kalifornien und die Walt Disney Concert Hall (2003) in Los Angeles besonders am Herzen. Im Facebook West-Campus wurde erstmalig die Funktionalität vor die Form gesetzt, also ein schlichter, eher untypischer Gehry-Bau. Gemeinsam mit Mark Zuckerberg hat Frank Gehry wohl das Credo: „Unsere Arbeit endet nie“.
** Bild: Von National Building Museum; photo by Paul Morigi - https://www.flickr.com/photos/nationalbuildingmuseum/5489221895/?edited=1, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=14168550