Isamu Noguchi Design

Das Kölner Museum Ludwig zeigt Werke des Bildhauers Isamu Noguchi (1904-1988), eine Retrospektive mit 150 Arbeiten. Jetzt mehr erfahren!

Isamu Noguchi: Ausstellung in Köln bis zum 31.07.2022

Das Kölner Museum Ludwig zeigt Werke des Bildhauers Isamu Noguchi (1904-1988), eine Retrospektive mit 150 Arbeiten aus den Bereichen Kunst, Garten und Design aus Europa, darunter mehrere Schaffensperioden des politisch engagierten Künstlers. Die Ausstellung wurde außer von Rita Kersting vom Museum Ludwig von BerufskollegInnen aus Bern, London und Lille kuratiert und durch die Isamu Noguchi Foundation und das Garden Museum (New York City) finanziell unterstützt. Ziel der Kölner Ausstellung ist es, denn Künstler sichtbar zu machen, der durch seine Weitsicht zu Unrecht etwas in der Kunstgeschichte unterging.

Ein Landschaftsarchitekt, Bildhauer und Bühnenbildner wird geboren

Isamu Noguchi wurde am 17. November 1904 in Los Angeles geboren. Seine Mutter Léonie Gilmour (eine amerikanische Autorin) wurde noch vor der Geburt von seinem Vater Yonejirō Noguchi (einem japanischen Dichter) verlassen und zieht mit ihrem Sohn nach Tokio. Isamu besucht bis 1917 die Schulen in Chigasaki und Yokohama. 1918 reist er unter dem Namen Sam Gilmour allein nach Amerika, um die Interlaken School in Indiana zu besuchen. Das Medizinstudium an der Columbia University (New York) schmeißt er bald hin. Mit Porträt-Arbeiten sichert er sich seinen Lebensunterhalt und finanziert sich Bildhauerkurse bei Onorio Ruotolo (1888-1966). Im Jahr 1927 erhält er ein Guggenheim Stipendium und arbeitet in Paris im Atelier des Bildhauers Constantin Brâncuși (1876-1957).

Isamu Noguchi: Der Designer

Isamu Noguchi wurde durch seinen Vitra Coffee Table und die Akari Leuchten berühmt. Der Beistelltisch Coffee Table wurde im Jahr 1944 entworfen und seit 1947 in den USA von Herman Miller hergestellt. In Europa gibt es den ausdrucksstarken Tisch erst seit dem Jahr 2002. Isamu Noguchi setzte auf starke organische Formen (Skulpturen), die typisch für das Midcentury Design waren. Das Besondere des Coffee Table liegt in seiner Formensprache, die den Bildhauer erkennen lässt. Mit dem Möbel – den Noguchi seinen besten Entwurf nannte – erklomm der Bildhauer den Olymp der Designer. Das Untergestell des Tisches besteht aus zwei identischen Holzelementen, die Tischplatte aus gehärtetem Glas. Die Akari Light Sculptures entstanden 1951 auf einer seiner Reisen nach Japan. In der Stadt Gifu skizzierte er seine erste Akari Light Sculpture, später entstanden über hundert Tischleuchten, Stehleuchten und Deckenleuchten bis zu einer Größe von 290 Zentimetern. Einige der Akari Leuchten und den berühmten Vitra Coffee Table finden Sie in Ihrem pro office Shop.

Isamu Noguchi in Europa

Neben dem Vitra Coffee Table und den Akari Leuchten gab es Werke in Europa, die den Bekanntheitsgrad des Künstlers steigerten: eine Skulptur aus Edelstahl im amerikanischen Pavillon für die Expo 1958 in Brüssel, Kunst aus Aluminiumblech für den „UNESCO Garden“ und Beteiligungen an der documenta II. und III. in Kassel in den Jahren 1959 und 1964. Die erste Einzelausstellung in Europa war 1974 in der Pariser Galerie Claude Bernard. Im gleichen Jahr wurde in der Kunsthalle Düsseldorf die Ausstellung „Japan: Tradition und Gegenwart“ eröffnet. Im dänischen Museum of Modern Art wurden 1986 die „Playscapes im Piedmont Park in Atlanta” gezeigt. Im selben Jahr vertritt Noguchi die Vereinigten Staaten bei der Biennale in Venedig. Dort werden im amerikanischen Pavillon einige seiner Skulpturen aus Stein, Metall und Papier ausgestellt.

Philosophie und Politik

Isamu Noguchi glaubte an natürliche Materialien, den technischen Fortschritt und wollte die Lebensrealität der Menschen verbessern. Durch seine Erfahrungen als Mensch mit hellen Augen in Japan fühlte sich der Sohn einer amerikanischen Mutter und eines japanischen Vaters als Kosmopolit ohne Heim, vielleicht eine Voraussetzung dafür, künstlerische Disziplinen mehrfach zu durchbrechen. Der Künstler setzte sich gegen Faschismus, ausbeuterischen Kapitalismus, Armut und Rassismus ein. Seine Skulpturen gelten sowohl als schmerzhaft aber ebenso als humorvoll und verspielt. Trotz schwerer Erfahrungen (freiwillige Internierung) glaubte er nicht an das Leid, sondern an die Leichtigkeit. Isamu Noguchi ließ sich im Jahr 1942 nach dem Angriff auf Pearl Harbour freiwillig internieren, um sich mit den anderen 120.000 AmerikanerInnen mit japanischen Wurzeln zu solidarisieren und sie zu unterstützen.

Abwurf der ersten Atombombe

Isamu Noguchi war seiner Zeit voraus mit dem Gefühl, dass alles auf der Erde miteinander verbunden sei. Kurz nach dem Abwurf der ersten Atombombe besuchte er Hiroshima, aus dem Tätervolk an den Ort des gigantischen Friedhofs. Unter diesem verstörenden Eindruck entstand 1947 das „Memorial to Man“ (Gedenkstätte für den Menschen) für eine imaginierte Zivilisation, die von dem Planeten Mars auf eine verlassene Erde blickt. 

Freunde und Kollegen fürs Leben

Im Jahr 1929 lernt Noguchi den Ingenieur R. Buckminster Fuller und die Tänzerin und Choreografin Martha Graham kennen, die ihn lebenslang mit unterschiedlichen Projekten begleiten werden. Graham (1894-1991) gilt als wichtigste Begründerin des Modern Dance, der durch Offenheit gegenüber anderen Kulturen und Einflüssen geprägt ist und den körperlichen Ausdruck vor technische Perfektion setzt (Tanz als Sprache der Seele). Für Martha Graham entwirft er 1935/36 das erste Bühnenbild für eine Tanzperformance. Ab 1944 folgen weitere, unter anderem die Hérodiade, eine bekannte Oper in vier Akten von Jules Massenet.

Systemisches Wirken und globale Sichtweisen

Richard Buckminster Fuller (1895-1983) arbeitete als Architekt, Designer und Konstrukteur ohne abgeschlossenes Studium. Als Visionär entwickelte er geodätische Kuppeln, sogenannte Fuller-Kuppeln, die auf geometrischen Körpern beruhen und bei geringem Materialeinsatz extrem stabil sind, wie auch das 1965 entwickelte Energiesparhaus Fly’s Eye Dome. Ebenso wie Noguchi beschäftigte sich Fuller mit systemischem Wirken, globalen und kosmischen Sichtweisen und prägte dabei den Begriff „Synergien“. Wie Noguchi wollte er den kosmischen Bankrott vermeiden, propagierte nachhaltige Entwicklung und zeigte auf, wie spontane Kooperation das Leben aller Menschen verbessern kann. In der Zusammenarbeit der beiden Künstler resultieren das Bakelit-Gehäuse für Wecker und der Dymaxion Car. Außerdem schließt Noguchi Freundschaft mit Frida Kahlo, die er kennenlernte, als er in Mexiko City das Wandrelief „History Mexico“ fertigt.

Höhen und Tiefen und viele Reisen zwischen den Welten

1938 erhielt Noguchi seinen ersten großen Auftrag in den USA, das Relief „News“ für das New Yorker Hochhaus Associated Press Building. Es folgen Aufträge für die Weltausstellung in New York und in San Francisco. Nach dem Rückschlag der Internierungserfahrungen kehrt Noguchis nach New York zurück. Im Jahr 1943 entstehen die „Lunars“, beleuchtete Skulpturen. Durch ein Stipendium kann der Künstler Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland bereisen, dort trifft er den surrealistischen Dichter André Breton (1896 -1966) und den Designer Le Corbusier (1887-1965), in Kairo den Architekten Hassan Fathy (1900-1989) und in Indien den Bildhauer und Maler Ramkinkar Baij (1906-1980). Hassan Fathy ist für traditionelle Bautechniken bekannt, die mit geringen Mitteln realisiert werden können. Fathy wurde 1989 mit dem renommierten „UN Habitat Scroll of Honour“ für außergewöhnliche Leistungen im Städte- und Wohnungsbau geehrt. Ramkinkar Baij war einer der Pioniere der modernen indischen Bildhauerei. 1950 reist Noguchi nach Sri Lanka, Indonesien, Thailand, Kambodscha und Hongkong und bleibt nach 20 Jahren wieder für eine Etappe in Japan, wo er an der Keio University in Tokio einen Raum zu Ehren seines 1947 verstorbenen Vaters gestaltet.

Kurzes privates Glück

In New York lernt Noguchi 1950 die in China geborene japanische Schauspielerin Yoshiko (Shirley) Yamaguchi (1920-2014) kennen. „Er fühlte sich zwischen zwei Identitäten hin hergerissen, genau wie ich“, sagte Yamaguchi über ihn. Das Paar heiratete 1951 in Tokio und lebte zunächst in Kita-Kamakura. Im Atelier des Kunsttöpfers Rosanjin Kitaōji (1883-1959) entstehen neue Keramikarbeiten. Im Jahr 1953 reist Noguchi nach New York zurück. Das Visum seiner Frau wird wegen angeblicher Verbindungen zu Kommunisten in Hollywood abgelehnt. Das Paar trifft sich in Paris und reist nach Frankreich, Italien, Griechenland, Ägypten, Burma, Thailand, Hongkong, Macau, Kambodscha, Indonesien und Singapur. Ab 1955 Noguchi lebt mit Yamaguchi in London und Paris. Weiter geht es nach Zürich, Karachi, Kathmandu, Patna, Kalkutta, Hongkong und Japan. Die Scheidung folgt ein Jahr später.

Ab 1960: Erfolg in New York, Tokio und Jerusalem

1961 richtete sich Noguchi ein Atelier und Wohnhaus in Long Island ein, dort wo er später gegenüber die Isamu Noguchi Foundation und das Garden Museum gründet. 1965 erfolgt die Eröffnung der Art Garden im Israel Museum in Jerusalem. Acht Jahre später beginnt die erste Retrospektive im New Yorker Whitney Museum. 1969 richtet sich der Künstler ein Atelier in Mure ein (Japan), wo er häufig arbeiten wird. 1977 folgen viele Einzelausstellungen im New Yorker MoMA und in vielen weiteren amerikanischen Museen. Im Jahr 1984 wird anlässlich seines 80. Geburtstags die Produktion des Coffee Table durch den Hersteller Herman Miller wieder aufgenommen. Zeitgleich werden Steinarbeiten in Tokio ausgestellt. 1985 eröffnet Isamu Noguchi das nach ihm benannte Garden Museum. Noch mit 84 Jahren beginnt Noguchi das Projekt „Time and Space“ für den Takamatsu Airport in Kagawa, das aus hunderten Basaltsteinen besteht. Am 30. Dezember 1988 stirbt Noguchi in New York und wird in Japan beigesetzt.


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